Praxisbeispiel: Ausmisten – Altes neu entdeckt
Wovon haben wir zu viel? Was haben wir lange nicht benutzt? Und wer könnte sich noch darüber freuen? Angeregt durch diese Fragen wurde im evangelischen Montessori-Kinderhaus Leichlinger Straße in Düsseldorf kräftig ausgemistet. Unter dem Motto „10 Sachen müssen gehen“ haben die Kinder sämtliche Ecken durchforstet. „Sie hatten Angst davor, etwas wegzuwerfen,“ erzählt Erzieherin Ulrike Kandl. „Aber als klar war, dass alles erst einmal bei uns bleibt, fiel ihnen das Aussortieren nicht schwer.“ Auch die anderen ErzieherInnen, die Hauswirtschaftskraft und die Einrichtungsleiterin ließen sich nicht lange bitten. Sogar auf einige Eltern sprang der Entrümpelungsfunke über.
Doch es gab auch Dinge, von denen sich die Kinder auf keinen Fall trennen wollten. Gegenseitig fotografierten sie sich mit ihrem jeweiligen Lieblingsspielzeug. Daraus entstand die Fotoreihe „Was mag ich gerne?“ Auf einer Erdkugel verfolgten sie danach gemeinsam mit Ulrike Kandl, woher die ganzen Dinge kommen. Das Gespräch drehte sich um diese Fragen: Wie wurden die Sachen produziert? Woher stammen die Rohstoffe? Gibt es genug Erdöl, um immer weiter Plastik herzustellen? „Da hat sich bei einigen ein Schalter umgelegt: Wenn wir immer nur verbrauchen und neue Dinge kaufen, ist es irgendwann aus, dann gibt es nichts mehr“, so die Erzieherin.
Die Jungen und Mädchen überlegten, wie es auch anders gehen kann. Dabei kam ein großes Vorwissen zum Vorschein. Sie erzählten vom Tauschen und Weitergeben, vom Trödelmarkt über Second Hand-Geschäfte und Altkleider-Container bis hin zu eBay Kleinanzeigen. Außerdem stellten sie später beim Spielen fest: „Es ist eigentlich so, als würde gar nichts von unseren Sachen fehlen.“
Am Ende der Woche wollten einige ganz genau wissen, was alles in den sieben vollgepackten Kisten steckte. Die Kinder verteilten sämtlichen Inhalt auf dem Boden, um ihn zu erforschen. Erst wurden fremde Dinge enträtselt, wie zum Beispiel ein Korrekturband-Roller aus dem Büro. Dann überlegten sie, was mit all den Sachen passieren sollte. Dabei kamen Bedenken auf: „Wir geben nichts weg, wir brauchen alles.“ Ulrike Kandl beruhigte: „Die Dinge bleiben da, sie finden nur einen neuen Ort: Wem machen unsere Sachen vielleicht eine Freude? Was macht uns eine Freude?“ Schellentrommel, Spiel, Bär, große Tücher zum Verkleiden und eine Seife fürs Puppenbad landeten schnell im Karton für die eigene Kita-Gruppe. Eine andere Gruppe in der Kita wurde gefragt, was sie gerne haben möchte. Direkt brachten die Kinder das Gewünschte an Ort und Stelle. Dann gab es da noch seltsame rote Säcke aus dem Keller. Nach einer Runde Sackhüpfen waren sich alle einig: die kommen in den Garten! Und sogar mehr als zehn Dinge durften schließlich doch gehen. Begründung: überflüssig oder nicht mehr zu gebrauchen. Darunter waren Vasen und Kerzenhalter aus Glas, Küchen-Messer, eine vertrocknete Bambus-Pflanze, kaputte Musik-Instrumente und Sandspielsachen. Sie wurden an die Kinder weitergegeben, die die Dinge mit Hilfe der Eltern reparieren und zu Hause weiter benutzen.
Was bleibt nach der Aktionswoche zum Thema klimafreundlicher Konsum? „Das Allertollste wäre,“ meint Ulrike Kandl, „wenn wir auch in Zukunft Sachen weitergeben, die in unserer Gruppe zu viel oder nur im Weg sind – und dafür zum Beispiel einen Tauschtisch einrichten oder eine Tauschbörse mit den Eltern veranstalten.“
Wie könnte es weitergehen?
- Bei der Neuanschaffung von Materialien und Spielzeug könnten sich alle gemeinsam fragen, ob sie die neuen Dinge tatsächlich brauchen. Falls ja, können diese auch gebraucht angeschafft werden?
- Eine spielzeugfreie Zeit durchführen, um zu erleben, wie es ist, ohne Spielzeug auszukommen
- Blick über den Tellerrand: Womit spielen die Kinder in anderen Ländern?
Informationen zum Praxisbeispiel:
Einrichtung: Evangelisches Montessori-Kinderhaus Leichlinger Straße in Düsseldorf
Wo? Region West
Wann? Klima-Aktionswoche 2020
Worum geht es?
- Das eigene Konsumverhalten hinterfragen
- Dinge wertschätzen und wiederverwenden
- Sich bewusst werden, dass Ressourcen, aus denen Gegenständen hergestellt werden, endlich sind
© Fotografin: Christine Rohrer/ Klima-Kita-Netzwerk