Das Paritätische Kinderhaus Möhrendorf-Erlangen beschäftigt sich schon länger mit den Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Dabei ist der Leiterin Katja Westerheide ein Thema in der Vorweihnachtszeit, aber auch bei Geburtstagen der Kinder wichtig: Das Leben einer nachhaltigen Geschenkekultur. Welchen Weg das Kinderhaus in der Geschenkekultur beschreitet, schildert das folgende Interview.
KKN: Wie ist die Idee einer nachhaltigen Geschenkkultur entstanden?
Für eine Änderung der Geschenkekultur hin zu mehr Nachhaltigkeit hat es zwei Impulse gegeben: Von unserem Träger und vom Klima-Kita-Netzwerk. Alle Kitas unseres Trägers „Der Paritätische Bayern“ sind von oberster Stelle aus angehalten, pro Jahr verbindlich drei Nachhaltigkeitsprojekte umzusetzen. Wir haben uns für ein Projekt zu nachhaltigem Konsum entschieden, ein Thema, das uns im Team schon länger beschäftigte. Der zweite Impuls war eine Lernwerkstatt auf einer Fortbildung des Klima-Kita-Netzwerkes. So ist die Idee der nachhaltigen Geschenkekultur entstanden, die mittlerweile zu unserem Kitaalltag gehört.
KKN: Was hat Sie konkret dazu veranlasst, das Thema nachhaltige Geschenkekultur mit den Kindern aufzugreifen?
Gerade wir als Kita sind gefordert, unsere Geschenkekultur zu reflektieren. Bei 140 Kindern summiert sich die Zahl der Geschenke innerhalb kürzester Zeit enorm, denn für Geburtstage und Feiertage wie Ostern, Nikolaus und Weihnachten gab es bei uns immer eine Kleinigkeit. Selbst wenn wir beim Einkauf auf Qualität achten, ist das Vorleben eines unbegrenzten Konsums nicht nachhaltig. Und auch bei kleinen Dingen summiert sich der Ressourcenverbrauch bei so vielen Kindern und Anlässen. Das ist gut reduzierbar.
Im Rahmen der jährlichen bayernweiten Leitungsklausur unseres Trägers zum Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung hat das Klima–Kita–Netzwerk zwei Workshops zum Thema „Energie und Klimaschutz in der Kita gestalten“ mit verschiedenen Methoden und Lernwerkstätten mit praktischen Beispielen für den Bildungsalltag in der Kita durchgeführt, an denen ich teilgenommen habe. Dabei habe ich hilfreiche Methoden zur Partizipation und Anregungen zu Ressourcenschutz durch nachhaltigen Konsum mitnehmen können. Im Team und mit den Kindern haben wir uns schon länger mit diesen Themen auseinandergesetzt und beschlossen, dies auch bei der Geschenkekultur in unserer Einrichtung mehr zu berücksichtigen. Es sollte also entweder etwas Gebrauchtes, Upgecyceltes oder Zeit (z.B. für gemeinsames Tun) geschenkt werden.
KKN: Und wie kommt die Idee bei den Kindern an?
Gut. In gemeinsamen Gesprächen über Werte und Konsum zeigte sich, dass vielen Kindern bereits bewusst ist, dass sie im Überfluss leben und eigentlich keine materiellen Geschenke benötigen. Der Vorgang des Schenkens und Teilens jedoch bereitet ihnen die eigentliche Freude. Und das steht nun im Mittelpunkt.
KKN: Wie sehen solche Geschenke aus? Können Sie dies anhand von Beispielen verdeutlichen?
Wir gestalteten gemeinsam mit den Kindern einen Prozess, in dem sie für unterschiedliche Anlässe passende Geschenkideen gemeinsam entwickelt haben:
Materielle und individuelle Geschenke gibt es bei Kindergeburtstagen in der Kita: Zum Beispiel selbstgemachte Samenbomben aus Lehm gemischt mit Vogelfutter aus heimischem Saatgut oder bunt eingefärbte Knete aus Salz-Ölteig. Diese Geschenke können die Kinder mit nach Hause nehmen und so ihrem Umfeld, ihrer Familie und vor allem Wildtieren im Garten und auf dem Balkon eine Freude machen – und dabei die Ressourcen schonen.
„Abschiedsgeschenke“ für die Hort- und Vorschulkinder, die uns verlassen, gibt es in Form von Zeit – eine gemeinsame Baumpflanzaktion im Außengelände der Kita: Dabei beobachten wir, dass die gepflanzten Obstbäume die ehemaligen Kita-Kinder weiterhin begleiten. Sie kommen öfter vorbei, um ihren Baum zu besuchen, um zu sehen, wie es ihm geht. Jahreszeitliche Beobachtungen und soziale Interaktionen gehören mit dazu. Im diesem Jahr gab es zwei heimische Birnbäume, die in einer gemeinschaftlichen Aktion in unserem Außenbereich gepflanzt wurden. In den kommenden Jahren sollen weitere Obstbaumsorten, die typisch für die Region sind, hinzukommen. Zur Erntezeit werden dann die „Ehemaligen“ zur gemeinsamen Ernte eingeladen es gibt ein kleines Wiedersehensfest mit einem leckeren Sortentest zum Thema heimisches Obst.
Zu Weihnachten machen wir im Namen der Kinder eine kleine Spende für ein Nothilfe- oder ein Entwicklungsprojekt. Das fördert bei den Kindern meiner Meinung nach den Zugang zum Thema Globalität. Es eröffnet Möglichkeiten, sich mit anderen Ländern, Kulturen und Lebensräumen sowie Verantwortung im Miteinander auseinanderzusetzen.