Sie befinden sich hier:

Interview: Klimaanpassung & sommerlicher Hitzeschutz in Kitas

Welche Anforderungen resultieren aus den Folgen des Klimawandels in Bezug auf Kita-Gebäude? Was können Kitas und ihre Träger machen, um mehr Klimaschutz in ihren Einrichtungen zu erreichen? Genau das sind Themen der Projektarbeit des Klima-Kita-Netzwerkes, was im Rahmen der nationalen Klimaschutzinitiative gefördert wird. In Fachforen für Kita-Träger werden diese Fragen unter die Lupe genommen, dabei werden zentrale Erfahrungen aus der Beratungs- und Projektarbeit zugänglich gemacht.

Das Klima-Kita-Netzwerk stellt Ergebnisse im Rahmen des Interviews mit Mark Cyrol, Mitarbeiter beim e&u Energiebüro GmbH Bielefeld, vor.

Das Klima-Kita-Netzwerk wird im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) gefördert und hat deswegen das Ziel, Treibhausgas-Emissionen einzusparen. Wie das sowohl in der Kita-Praxis in der Bildungsarbeit als auch auf Träger-Ebene gelingen kann, damit setzen wir uns in verschiedenen Veranstaltungsformaten sowie in der Beratungsarbeit auseinander.

Bei Fragen beraten wir Sie gerne. Kontakt:

Tel.: +49 (0)228 242 55 91-0, E-Mail: info@klima-kita-netzwerk.de

Warum ist Klimaanpassung ein Thema für die Kita?

M. Cyrol: Die Folgen des Klimawandels sind mittlerweile auch bei uns in Deutschland spür- und sichtbar, das zeigen beispielsweise Überschwemmungen durch Starkregenereignisse. In den Sommermonaten sind Tageshöchsttemperaturen von mehr als 25 Grad Celsius nicht selten. Das ist auch in den Kitas spürbar. Gerade ältere Kita-Gebäude wurden mit einem Fokus auf Kälteschutz für den Winter gebaut, weil dort die Prioritäten anders lagen. Heute müssen neue Kita-Gebäude per Gesetz einen sommerlichen Hitzeschutz berücksichtigen. Besonders in Kitas ist ein sommerlicher Hitzeschutz wichtig, weil es auch um die Fürsorge von kleinen Kindern geht.

 

Wie können Kitas oder Träger starten, um auf die veränderten klimatischen Bedingungen zu reagieren?

M. Cyrol: Der Start sollte immer eine Bestandsanalyse sein: Wie warm ist es tatsächlich in Kita-Räumen? Welche sind besonders warm und was sind Gründe dafür? Und wie wird die Temperatur von den Mitarbeitenden empfunden?

Eine Langzeitmessung von ein bis zwei Wochen können wir empfehlen. Dabei können entweder handelsübliche analoge Thermometer genutzt werden oder Datenlogger. Vorteil der Datenlogger gegenüber einem analogen Thermometer ist, dass die Messdaten automatisch erhoben und gespeichert werden. Bei den analogen Geräten sollte im Erhebungszeitraum möglichst zur gleichen Zeit gemessen werden. Im Außenbereich empfiehlt sich, die Messwerte im Schatten zu erheben. So lässt sich der Temperaturunterschied zwischen drinnen und draußen ermitteln.

In unserem Projekt „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ (gefördert im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative) haben wir neben der Temperaturmessung eine Umfrage bei den Mitarbeitenden zum Temperaturempfinden durchgeführt. Somit konnten wir die tatsächlichen und die gefühlten Temperaturen vergleichen. Mit dem Ergebnis, dass vor allem in den Sommermonaten die Raumtemperatur als zu hoch empfunden wird. Das deckt sich mit den durchgeführten Messungen.

 

Gesprächspartner Mark Cyrol

(Diplom Ingenieur Elektrotechnik, ist Mitarbeiter beim e&u Energiebüro GmbH):
Mark Cyrol, Diplom Ingenieur Elektrotechnik, ist Mitarbeiter beim e&u Energiebüro GmbH Bielefeld. Im Rahmen des Förderprogramms „Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen“ der ZUG (Zukunft-Umwelt-Gesellschaft) hat Herr Cyrol mit seinen Kolleg*innen Gebäudeanalysen von Schulen und Kitas durchgeführt. Seine Erfahrungen zu sommerlichem Hitzeschutz in Kitas teilte er u.a. auf zwei digitalen Fachforen für Kita-Träger und Multiplikator*innen sowie in diesem Interview.

 

Welche typischen Schwachstellen und Herausforderungen in Bezug auf Wärmeschutz haben Sie im Zuge des Projekts identifizieren können?

M. Cyrol: Wir kommen immer wieder in Einrichtungen und stellen fest, dass Verschattungsvorrichtungen wie Jalousien oder Vorhänge häufig als Sichtschutz und nicht bewusst als Wärmeschutz eingesetzt werden. Da gilt es ein Bewusstsein bei allen Mitarbeitenden zu schaffen, gerne auch mit einem kleinen Handout neben der Verschattungsanlage, welches an die Benutzung dieser erinnert.

Eine Herausforderung für den Wärmeschutz stellen Glasfronten dar. Bei einer Begehung in einer Kita gab es eine Glaspyramide über einem Innenhof. In solchen Fällen ist es wichtig, eine Beschattung von außen – sei es durch Außenjalousien, Bäume oder Sonnensegel herzustellen. In diesem Fall haben wir eine Spiegelfolie , so wird das und der Innenhof heizt sich nicht so stark auf. Das war in dem Fall die kostengünstigste Maßnahme. Da die Scheiben der Pyramiden Sonderformate hatten, wäre ein Austausch der Glasfronten durch eine Wärmeschutzverglasung mit deutlich höheren Investitionskosten verbunden gewesen.

Allgemein ist es wichtig, externe Wärmequellen zu vermeiden. Bei unseren Messungen in einer Kita, war es beispielsweise immer 1-2 Grad wärmer als in den anderen Räumen, obwohl es keine nach Süden hin exponierte Lage war – die Ursache: Eine zentrale Warmwasserbereitung im Keller. In diesem Fall haben wir die Handlungsempfehlung ausgesprochen, diese im Sommer auszuschalten und stattdessen Durchlauferhitzer in den Gruppenräumen zu installieren. So wurde die Wärmezufuhr durch die zentrale Warmwasserbereitung minimiert und der Raum kühlte sich deutlich ab und hatte ähnliche Temperaturmessungen wie die anderen Räume.

 

Was können Sie Kitas empfehlen, um zu erkennen, ob Maßnahmen zum sommerlichen Hitzeschutz notwendig sind?

M. Cyrol: Zunächst einmal sollten Temperaturen gemessen werden. Wenn sich dabei herausstellt, dass die Räume über 25 Grad Celsius warm sind, sollten Maßnahmen ergriffen werden. Ein sommerlicher Hitzeschutz bedeutet den übermäßigen Wärmeenergieeintrag durch die Sonne zu vermeiden. Einfluss darauf haben die , Verschattungsmaßnahmen, wie Warmwasserbereitung, Lüftungsanlagen und Heizungsanlagen im Sommerfall sowie Kühlungsmaßnahmen. Diese vier Faktoren sollten bei der Bestandsanalyse berücksichtigt werden.

 

Was sind niedrigschwelle Maßnahmen für den Hitzeschutz in Kitas?

M. Cyrol: Niedrigschwellige Maßnahmen sind mit geringen Investitionskosten verbunden oder zielen auf die Anpassung des Nutzer*innenverhaltens ab. Dazu gehören:

  • Vorhandene Verschattung nutzen. Häufig werden Jalousien oder Vorhänge eher als Sicht- statt als Wärmeschutz angesehen.
  • Unnötige Wärmequellen vermeiden, Geräte ausschalten statt auf Stand-by.
  • Gezieltes Lüften: I.d.R. kann bis ca. 11 Uhr gelüftet werden. Auch wenn die Raumtemperatur kühler als die Außentemperatur ist, sollte gelüftet werden, um Wärmelasten abzuführen (Schränke etc. heizen sich auf und geben Wärme ab).
  • Dunkle Flächen hell streichen
  • Flächen entsiegeln
  • Bäume pflanzen

Bei einigen aufgezählten Maßnahmen kann es je nach Umfang zu Investitionskosten kommen, wenn beispielsweise eine größere Fläche entsiegelt und neu bepflanzt werden soll. Kosten können minimiert werden, wenn Kitas beispielsweise zu einer Eltern-Kind-Aktion einladen, um die Einfahrt einer Kita zu entsiegeln.

 

Welche Maßnahmen für den Hitzeschutz in Kitas sind geeignet, aber mit Investitionskosten verbunden?

M. Cyrol: Investitionskosten sind je nach Umfang verschieden. Allgemeine Maßnahmen sind:

  • Automatisch geregelte Verschattung installieren, bevorzugt durch Außenjalousien
  • Vollautomatische Klappen, (Hinweis zum Einbruchschutz: Die automatischen Oberlichter oder Lichtkuppeln sollten z.B. durch Gitter oder Netze vor Einbruch oder das Eindringen von Tieren wie Mader, Eichhörnchen usw. geschützt werden.)
  • Beleuchtung durch LED ersetzen
  • Sanierung von Dach und Fenstern
  • PV-Anlage
  • Dach begrünen

 

Bei welchen Maßnahmen braucht es eine Abstimmung mit dem Träger/dem Hauseigentümer?

M. Cyrol: Allgemein gilt, dass Änderungen am Gebäude wie beispielsweise das Streichen von dunklen Flächen mit hellen Farben immer mit dem Hauseigentümer abgesprochen werden müssen. Bei einigen Maßnahmen muss Rücksprache mit dem Bauamt gehalten werden, wenn beispielsweise Änderungen im äußeren Erscheinungsbild die Folge sind.

 

Wo können sich Kitas und Träger Unterstützung holen?

M. Cyrol: Beispielsweise gibt es Unterstützung bei Energiebüros, Energie-Agenturen oder Energieberatung der Verbraucherzentralen. Energieberater*innen unterstützen bei der Bestandsanalyse, erarbeiten Konzepte und begleiten den Prozess. Bei einigen Anträgen zu Fördermöglichkeiten müssen Energieberater*innen den Antrag bestätigen. Bei Bewilligung des Antrags werden häufig Kosten für die Energieberatung übernommen.

Fördermöglichkeiten für Kitas/Träger: