Kommunen sind wichtige Akteure, wenn es darum geht, Globalisierung nachhaltig, fair und mit den Menschen zu gestalten. Sie selbst gehören zur Verbraucherseite mit einem beachtlichem Beschaffungsvolumen. Zusammen geben sie pro Jahr bis zu 350 Milliarden Euro aus. Ihre Kaufentscheidungen nehmen Einfluss auf Produktions- und Handelsbedingungen und damit auf das Leben vieler Menschen.
Das Vergaberecht ist eindeutig: Kommunen dürfen qualitative, umweltbezogene und eben auch soziale Kriterien in ihre Vergaben einbinden. Sozial nachhaltige Beschaffung ist außerdem politisch gewollt. Der aktuelle Koalitionsvertrag und die 2022 gestartete Reform des Vergaberechts haben auch soziale Nachhaltigkeit im Blick.
Es gibt viel Unterstützung und gute Praxisbeispiele, die inspirieren. Auf der Online-Plattform Kompass Nachhaltigkeit zum Beispiel finden sich konkrete Hilfestellungen in Form von Ausschreibungsbeispielen oder Informationen zu Gütesiegeln. Die SKEW (Servicestelle Kommunen in der Einen Welt) bietet Unterstützung, unter anderem durch Schulungen und spezielle E-Learning-Angebote für Beschaffungsverantwortliche oder auch mit Rechtsberatung bei größeren Vergaben. Ein Teil des Aufwands kann also ausgelagert werden.
Auch die CIR sowie FEMNET und die LAG21 bieten Beratungen für Kommunen zur fairen Beschaffung oder dem Aufbau kommunaler Nachhaltigkeitsmanagementsysteme . Niemand muss den Weg alleine gehen. Es liegen mittlerweile unzählige Erfahrungswerte von Städten unterschiedlicher Größen und Bundesländer vor.
Auch Netzwerk Initiativen wie Faire Metropole Ruhr oder Rhein Main Fair bieten immer wieder kostenfreie Veranstaltungen oder Beratungen an und begleiten Kommunen.
Doch sollte man als Kommune nicht seine lokalen Unternehmen unterstützen? Natürlich. Viele der von Kommunen bezogenen Produkte sind vor Ort jedoch gar nicht erhältlich oder enthalten Rohstoffe und Produktkomponenten aus dem Globalen Süden. Bei diesen geht es darum, die Einhaltung sozialer Kriterien in den Lieferketten einzufordern.
Weiterführende Links:
- SKEW:
- KompassNachhaltigkeit:
- CIR romero initiative:
- LAG 21:
- Faire Metropole Ruhr:
- Main.Fair:
Beispiele aus der Praxis
Seit 2011 ist Nachhaltigkeit ein zentrales Thema in Dornstadt, einer kleinen Gemeinde mit rund 8.700 EinwohnerInnen in Baden-Württemberg auf der Schwäbischen Alb. Dornstadt will Menschen aller Generationen für einen weltbewussten Lebensstil begeistern und damit langfristig den Nährboden für nachhaltiges Denken und Handeln in der Gemeinde bereiten. Die Kindergärten spielen dabei eine zentrale Rolle. Nicht zuletzt, weil der erste Impuls für Nachhaltigkeit 2011 von einem Kindergarten kam – dem Kin- dergarten Bollingen, der im Herbst 2017 als erste Faire KITA in Baden-Württemberg ausgezeichnet wurde. Die Gemeinde Dornstadt, selbst eine mehrfach von der UNESCO ausgezeichnete Kommune für Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) und Fairtrade Town seit 2013.
Seit 2017 arbeitet die Koordinatorin für kommunale Entwicklungspolitik an der strukturellen Verankerung und am Ausbau der öko-soziale Beschaffung und berät auch gerne die Kitas, z.B. im Bereich öko-soziale Dienstkleidung, Spielmaterial u.ä..
Der Bürgermeister von Dornstadt ist begeistert vom Engagement der Kinder und ErzieherInnen. Er ist gerne persönlich mit dabei, wenn die Kinder ihre Projekte präsentieren, ist offen für die Ideen und Anliegen der Kinder und unterstützt sie – soweit möglich – beim Umsetzen. Dadurch erfahren die Kinder Wertschätzung und Selbstwirksamkeit – wichtige Bausteine für eine gute Bildungsarbeit.
Insgesamt haben bereits 92 Einrichtungen das Label „Faire Kita“ erhalten – Ziel ist ein Zertifikat für alle ca. 100 Tageseinrichtungen. FABIDO ist der erst Kita-Träger in ganz Deutschland, der als „Fairer Betrieb“ ausgezeichnet wurde. Globales Lernen und Nachhaltigkeit gehören jetzt zum Alltag der Kinder in den FABIDO Kitas.
Durch die große Angebotspalette im Bereich Kaffee, Tee, und Zucker ist es nicht schwer bei Besprechungen und Veranstaltungen auf fair gehandelte Produkte zurückzugreifen. Cateringunternehmen für größere Veranstaltungen konnten auch ausfindig gemacht werden und neue Rahmenverträge wurden geschlossen. Ebenso sind die „fairen“ Blumenpräsente zu Dienstjubiläen erste Schritte gewesen, das Thema im Innendienst zu etablieren. Neben dem Kriterium des fairen Handels werden Lebensmittel für die Kindertageseinrichtungen unter dem Gesichtspunkt regional und saisonal eingekauft.
Die Produkte Kakao, Orangensaft, Bananen und Ananas für die Kinder sowie Kaffee und Tee für Erwachsene sind über den derzeitigen Rahmenvertragspartner lieferbar und gehören für viele Kindertageseinrichtungen bereits zum Standard. Aufgrund des FABIDO Ernährungskonzeptes nach „OptiMix“ (optimierte Mischkost) verzichten die Kindertageseinrichtungen auf den Einkauf von fairer Schokolade.
Im städtischen Gesamtrahmen gibt es bereits Rahmenverträge zu fairer Dienstkleidung. Damit kann FABIDO auch dem hauswirtschaftlichen Personal der Kindertageseinrichtungen entsprechende Angebote machen.
Die Stadt Köln nahm 2018 und 2019 an einem Pilotprojekt der Christlichen Initiative Romero (CIR) zur sozial verantwortlichen Beschaffung von Spielzeug teil. Ziel des Projekts war es, mit der Spielzeugbranche, die in Sachen menschenrechtlicher Lieferkettenverantwortung deutlichen Nachholbedarf hat, in den Dialog zu treten. Das Projekt hat gezeigt, dass menschenrechtliche Sorgfaltsmaßnahmen, wie sie im Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte beschrieben werden, in der öffentlichen Beschaffung eingefordert werden können.
https://www.ci-romero.de/produkt/brosch-spielzeug-beschaffen-stadt-koeln/
Viele weitere Beispiele sowie Vorlagen finden kommunale Beschaffer im Kompass Nachhaltigkeit.
Autorin: Jasmin Geisler